Politik

Was der US-Streit mit Russland für Europa bedeutet

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Kommt es zu einem neuen nuklearen Wettrüsten?

US-Präsident Donald Trump (72) hat einen Ausbau des amerikanischen Atomwaffenarsenals angekündigt. Vor Journalisten sagte Trump am Montag, sein Land werde seinen Bestand an Atomwaffen ausbauen, bis „die Leute zur Vernunft kommen“. Die Drohung richte sich unter anderem an China, Russland und „alle anderen, die das Spiel spielen wollen“.

Zuvor hatte er am Samstag überraschend den Ausstieg aus dem 1987 geschlossenen INF-Vertrag zwischen den USA und der Sowjetunion angekündigt. Dieser legte den Verzicht beider Länder auf landgestützte Atomraketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern fest.

Was steckt hinter diesem Schritt?

Ist der Ausstieg ein weiterer Beleg für den Rückzug der USA unter Trump aus Verträgen mit dem Rest der Welt?

USA-Experte Prof. Thomas Jäger (Uni Köln) erklärt: „Es liegt im amerikanischen Interesse, den Vertrag zu verlassen.“ DENN: Die Interessenslage hat sich seit 1987, als der INF-Vertrag mit der UdSSR geschlossen wurde, dramatisch verändert!

Damals hatten die USA vor allem ein Problem im Auge: Die Bedrohung der Verbündeten Amerikas in Europa. Heute ist aber China die weit größere Herausforderung, denn das Land bedroht US-Verbündete im Pazifik-Raum.

  • Russland und China

    Trump droht mit Atom-Aufrüstung

    US-Präsident Donald Trump (72) hat Russland und China mit einer Aufstockung des amerikanischen Atomwaffenarsenals gedroht.

Während China jedoch mit bodengestützten Mittelstreckenraketen aufrüstet, sind den USA durch den INF-Vertrag die Hände gebunden, um angemessen zu antworten. Bislang können sie dafür nur ihr strategisches Nukleararsenal in Anspruch nehmen, sprich: die Langstreckenbomben. Doch das würde bedeuten, auch das US-Festland automatisch mit in den Konflikt zu ziehen.

Darum verlassen die USA den Vertrag. Aber es gibt einen gefährlichen Nebeneffekt!

Russland wird Europa bedrohen

Denn: Wenn der INF-Vertrag nicht mehr gilt, darf Russland wieder Mittelstreckenraketen bauen – was es ohnehin schon tut, denn es hat sich seit Jahren nicht mehr an das Abkommen gehalten. Und das heißt: Es kann wieder Europa bedrohen, wie es die Sowjetunion im Kalten Krieg tat!

Tatsächlich habe damals der deutsche Kanzler Helmut Schmidt die Initiative für den INF-Vertrag gestartet, erklärt Prof. Jäger. Denn die Großmächte hätten damals ihre strategischen Atomwaffen-Arsenale gesichert, die Raketenlücke habe nur die bodengestützten Mittelstreckenraketen betroffen.

Und heute? Europa scheint derzeit der Gefahr nichts entgegensetzen zu wollen, erklärt Prof. Jäger. Dabei bleiben bald nur noch zwei Optionen übrig: Entweder bittet Europa die USA wieder verstärkt um Schutz – oder es wird der russischen Bedrohung einfach nachgeben.

Düstere Optionen. Denn eins ist klar: Zunächst dürfte der Ausstieg der USA aus dem INF-Vertrag ein Wettrüsten in Gang setzen. Es gibt aber auch Hoffnung: Vielleicht führt er – wie das Aufrüsten der USA in Europa in den 1980er-Jahren – letztlich zu einem neuen multilateralen Abrüstungsabkommen, das diesmal auch China einbezieht und zu Abrüstung verpflichtet.

US-Sicherheitsberater in Moskau

Trumps Nationaler Sicherheitsberater John Bolton ist seit Montag in Moskau, um mit dem Kreml über die Zukunft des INF-Vertrags zu sprechen. Bolton traf am Dienstag den russischen Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Dieser sprach sich laut der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti für einen „aktiveren Dialog“ mit den USA aus.

Es gebe „zahlreiche Probleme in der Welt, die wir dank unserer gemeinsamen Bemühungen regeln könnten“. Schoigu nannte „mit der nuklearen Abschreckung verknüpfte strategische Fragen“ sowie „bedeutende Konflikte, die seit Langem andauern“. Seit dem Treffen zwischen Trump und Präsident Wladimir Putin Mitte Juli in Helsinki lasse sich eine schrittweise Rückkehr zur einem „bilateralen Dialog“ feststellen.

Der Zeitung „Kommersant“ sagte Bolton, die russische Seite beharre auf der Feststellung, dass Russland den INF-Vertrag nicht verletzt. Stattdessen werfe Russland den USA vor, gegen das Abkommen zu verstoßen. „Sie können niemanden zur Einhaltung (eines Vertrags) bringen, der nicht denkt, dass er (dagegen) verstößt“, sagte Bolton dem Blatt. Es sehe danach aus, dass der Vertrag seine Zeit hinter sich habe …

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